Bausteine der strukturellen Prävention

Die Potential- und Risikoanalyse bildet das Fundament eines jeden Schutzkonzeptes. Anhand ihrer Ergebnisse kann festgelegt werden, welche Bausteine für den eigenen Bereich notwendig sind und in welcher Weise sie an besondere Begebenheiten angepasst werden müssen. In Verbänden, Vereinen, Kirchenkreisen und Einrichtungen sollte eine Arbeitsgruppe für den Prozess der Erarbeitung gebildet werden.

Die Potentialanalyse dient der Verstetigung gelungener Bedingungen und ihrer Weiterentwicklung (Hilfefragen: Was funktioniert gut? Was ist gelungen?). Die Risikoanalyse deckt identifizierte Risiken auf, Situationen, die ungute Gefühle erzeugen, bei denen Lücken sichtbar werden oder eindeutige Antworten nicht gegeben werden können. Zur Analyse nutzen wir eine Potential- und Risikoanalyse mit einem Punktesystem, die sich in der Anlage 1 - Potential und Risiikoanalysebefindet.

Die Leitfragen dienen dabei zur Orientierung. Die Inhalte müssen den Gegebenheiten vor Ort angepasst werden; ggf. sind Punkte zu ergänzen oder zu streichen.
Aus der Anlage 1 - Potential und Risiikoanalyse muss für jeden konkreten Arbeitsbereich bzw. jede Arbeitssituation das entsprechend Zutreffende genutzt und durch Ergänzungen eine konkrete Anpassung vorgenommen werden.

Ziel: Nach §6 KGSG täter*innenfreundliche Umgebungen und Settings vermeiden und strukturelle Maßnahmen zur Prävention verstetigen. Begünstigend für täter*innenunfreundliche Umgebungen sind mehrere Mitarbeitende vor Ort, einsehbare Räume, keine dunklen Ecken oder abgetrennte, schlecht erreichbare Orte, Diversität in den Gruppen, Thematisierung mit Mitarbeitenden und Teilnehmenden. Durch die Risikoanalyse wird klar, an welchen Stellen nachzubessern ist. Diese Analyse soll mit allen beteiligten Mitarbeiter*innen durchgeführt werden. Auch Evaluationen bei Teilnehmenden helfen bei der Klärung von Potentialen und Risiken.

 

Musterkonzept:
Wir sichern zu, in unseren Angeboten eine täter*innenunfreundliche Umgebung zu schaffen. Dazu gehört die intensive Auseinandersetzung mit:
  • physischen Räumen, also den Arbeitsorten, der räumlichen Umgebung,
  • strukturellen Räumen, also den Arbeitssettings, der Teilnehmendenstruktur wie auch der Mitarbeitendensituation
  • den Kommunikationsräumen (Gesprächsverhalten, Beschwerdemöglichkeiten, Partizipationsmöglichkeiten)
  • den virtuellen Räumen (social media, Netzwerke, Plattformen, Gruppen)
  • Maßnahme-/ Angebotskonzepten, die wiederkehrend sind.

 

Die Potential- und Risikoanalyse befindet sich hier.

Verhaltenskodex und Selbstverpflichtungserklärung dienen allen Mitarbeitenden als Orientierungsrahmen für den grenzachtenden Umgang und formulieren Regelungen für Situationen, die für sexualisierte Gewalt und jegliche Form von Grenzüberschreitungen ausgenutzt werden können. Alle ehrenamtlich bzw. hauptamtlich tätigen Mitarbeitenden sollen den Verhaltenskodex und die Selbstverpflichtungserklärung kennen und unterschreiben. Nicht die Unterschrift, sondern das regelmäßige Gespräch einer Leitungsperson mit den einzelnen Mitarbeitenden über die Inhalte, ist präventiv wirkendes Vorgehen.

Das Schutzkonzept mit seinen Unterpunkten ist in Bewerbungszusammenhängen   anzusprechen, die Bewerber*innen sollen hier ihren Umsetzungswillen bekunden.

Ziel: Durch die Zustimmung zu Selbstverpflichtungserklärung und Verhaltenskodex wird die Haltung zur Prävention in positiver Form manifestiert. Bei strittigen Situationen kann diese gemeinsame Vereinbarung als Diskussionsgrundlage genutzt werden. Konflikten wird vorgebeugt, da alle Mitarbeitenden ein gemeinsam erarbeitetes Regularium unterzeichnen.

 

Musterkonzept:

Als ______(Organisation)_______________ der Evangelische Kirche in Mitteldeutschland arbeiten wir im Rahmen des Gewaltpräventionskonzeptes auf Grundlage eines gemeinsamen Verhaltenskodexes. Der Verhaltenskodex der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland leitet sich aus unseren Leitbildern/ unseren Konzeptionen ab und ist zwingender Teil einer Selbstverpflichtungserklärung aller ehren- und hauptamtlicher Mitarbeiter*innen in unseren Arbeitsbereichen. Die Selbstverpflichtungserklärung ist durch alle tätigen Personen abzugeben und bei den zuständigen Personen vor Ort zu hinterlegen.
Wir verpflichten uns damit, gegenüber unseren Schutzbefohlenen ein grenzachtendes, respektvolles und persönlichkeitsschützendes Verhalten zu wahren. Der Verhaltenskodex und die Selbstverpflichtungserklärung sind somit als gemeinsamer Orientierungsrahmen und Regelwerk des Miteinanders wichtige Bausteine der Gewaltprävention.

 

#Textbaustein: Die für unsere Veranstaltungen mit Kindern und Jugendlichen grundlegenden Regeln richten sich nach der Netiquette der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Diese machen wir den Teilnehmenden im Vorfeld oder zu Anfang der Veranstaltung/des Angebots bekannt.

 

Der Verhaltenskodex, Schutzregelungen und die Selbstverpflichtungserklärung befinden sich hier: Anlage 2 Verhaltenskodex Schutzraumregeln und Selbstverpflichtung

 

 

 Beispiel einer Netiquette auf der Homepage der EKD

Das Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt für alle beruflich Mitarbeitenden (unabhängig von ihrer konkreten Tätigkeit) das Einholen und die Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen gemäß § 30a Bundeszentralregistergesetz mit dem § 5 des Kirchengesetzes verpflichtend. Näheres regelt die Durchführungsverordnung. Die Beantragung von erweiterten Führungszeugnissen für Ehrenamtliche ist kostenlos. Dafür muss eine Bestätigung des Trägers mit der Benennung der Rechtsgrundlage vorliegen, dass die betreffende Person bekannt ist und ein Ehrenamt ausfüllt.

Ziel: Ein Schutzkonzept kann nur dann erfolgreich in die Strukturen implementiert werden, wenn alle Mitarbeitenden es lebendig werden lassen und es in seiner Gänze verantwortungsbewusst umsetzen. Zielführend ist, dass die Bestandteile Verhaltenskodex/ Selbstverpflichtung und Gefährdungspotential – Führungszeugnis von und mit den am Arbeitsprozess beteiligten Mitarbeiter*innen entwickelt werden. Das Muster muss für die jeweiligen Arbeitssettings ausdifferenziert werden.

 

Musterkonzept:
Alle Personen die Umgang mit Schutzbefohlenen und Zugang zu den Räumlichkeiten haben, legen zur Einsicht nach § 72a SGB VIII ein erweitertes Führungszeugnis vor.

 

Dokumente zur Beantragung /Kostenübernahme befinden sich hier: Anlage 3 Beantragungsunterlagen Führungszeugnis , sowie das Merkblatt Gebührenbefreiung.

Alle beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden sind zur Teilnahme an Fortbildungen zum Thema „Schutz vor sexualisierter Gewalt“ verpflichtet. Für Träger der Kinder- und Jugendarbeit (Kreissynoden, Gemeindekirchenräte), bedeutet das, dass sie für entsprechende Fortbildungsangebote zu sorgen und darauf zu achten haben, dass alle betreffenden Mitarbeitenden an den für sie entsprechenden Schulungen teilnehmen. Die Angaben sind stets zu aktualisieren. Mitarbeitendenwechsel oder Neueinstellungen müssen berücksichtigt werden.

Fortbildungen sollen in regelmäßigen Abständen wahrgenommen werden. Näheres regelt die Fortbildungsverordnung der EKM oder die Festlegungen zu Fortbildungen in den Verbänden.
www.hinschauen-helfen-handeln.de
www.juleica.de/infos/qualifikation/

Ziel: Mitarbeitende sollen sensibilisiert in die Arbeitsprozesse gehen und Fortbildungen sollten in einem festgelegten Turnus wiederholt werden.

 

Musterkonzept:
Nach den Vorgaben der Durchführungsverordnung sind unsere Mitarbeitenden, abgestuft nach Tätigkeit und Verstetigung der haupt- und ehrenamtlichen Tätigkeiten, im Sinne der Kenntnisse über Ziele und Verfahrenswege dieses Konzeptes fortgebildet.

Link: www.hinschauen-helfen-handeln.de

 

Die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen sowie Betroffenen ist nicht nur bei der Entwicklung von Schutzkonzepten von Bedeutung, sondern stellt einen eigenständigen und zentralen Bestandteil des Konzepts dar. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen Entscheidungen, die sie betreffen, ist nicht nur ihr Recht, sondern stärkt ihre Position und verringert das Machtgefälle gegenüber Erwachsenen. Ein Kirchenkreis, eine Gemeinde oder eine Einrichtung, die Mitsprache einräumt und dafür Strukturen schafft, erleichtert den Zugang der Kinder, Jugendlichen und Schutzbefohlenen sowie bereits Betroffener zu ihren Rechten und macht sie kritikfähig.

Bereits im Rahmen der Potential- und Risikoanalyse sollen Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene als Expert*innen ihrer eigenen Sache befragt und beteiligt werden, welche Potentiale und Gefährdungen sie selbst wahrnehmen. Sie müssen informiert werden, welche Vorgehensweise es in Verdachtsfällen in ihren Gruppen und Angeboten gibt.

Dabei ist von zentraler Bedeutung, dass jedes Kind, jeder Jugendliche und jeder Schutzbefohlene weiß, an welche Person er oder sie sich wenden kann, wenn sie einen Verdacht haben oder selbst Opfer eines Übergriffs wurden.

Musterkonzept:
hier Anlage 4 Fragen zur Partizipation Fragen und Anregungen zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.

Angebote für Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene wie deren Sorgeberechtigte, die sexualisierte Gewalt pädagogisch ausdrücklich thematisieren, sind Teil einer umfassenden Schutzstrategie. Eine transparente Leitungsstruktur und funktionierende Beschwerdemöglichkeiten helfen, genau hinzuschauen und Fehlverhalten aufzudecken bzw. frühzeitig Grenzen zu ziehen.

Musterkonzept:
Erfolgreiche Präventionsmaßnahmen bedeuten bei uns:
  • Mitarbeiter*innenschulungen im Rhythmus von 3 Jahren
  • Thematisieren von sexualisierter Gewalt mit Sorgeberechtigten, Eltern...
  • Persönlichkeitsstärkende Kinder- und Jugendarbeit mit der Thematisierung von Kinder- und Jugendschutz
  • Arbeit nach den Präventionsgrundsätzen
  • Konzepte sexueller Bildung mit dem Ziel grenzachtender und sensibler sexueller Bildungsangebote zur Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung
  • Medienpädagogische Bildungsangebote zum Schutz vor sexualisierten Übergriffen in digitalen Lebenswelten
  • Schaffen einer täter*innenunfreundlichen Umgebung 

 

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