Intervention

Unterschieden nach Adressat*innen (Kinder, Jugendliche, Sorgeberechtigte und Mitarbeiter*innen) sind Möglichkeiten der Beschwerde aufzuzeigen und strukturell zu verankern. Ziel ist es, Fehler frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Alle können Beobachtungen und Fehler melden. Beschwerden werden immer ernst genommen. Sie machen auf Fehler in der Struktur aufmerksam und helfen unsere Arbeit im Sinne eines Entwicklungspotentials zu verbessern. Sie deuten auf die mögliche Verletzung von Rechten, Bedürfnissen und Wünschen hin. Das Beschwerdesystem und -verfahren ist unseren Mitarbeiter*innen bekannt, so dass sie auch die Teilnehmenden damit vertraut machen können.

Es soll transparent gemacht werden:

  • Bei wem, wo und wie man sich beschweren kann, d.h.., bei welchen Personen, wie und wo sie zu finden sind.
  • Über was man sich beschweren kann (d.h. nicht nur über sexualisierte Gewalt und Grenzverletzungen)
  • Wie mit Beschwerden umgegangen wird (d.h., wer bearbeitet diese und wie erfolgt eine Rückmeldung)
  • Dabei können Beschwerden immer anonym gemacht werden und sind sanktionsfrei

Jeder Verband, Verein, Einrichtung und Kirchenkreis sorgt dafür, dass eine Vertrauensperson benannt wird. In der Durchführungsverordnung wird ihre Benennung geregelt. Mitarbeitende gehen verantwortungsvoll mit ihrer Rolle und Beschwerden von Teilnehmenden um und tragen dafür Sorge, dass das Beschwerdeverfahren jederzeit transparent und öffentlich ist.

Musterkonzept:
Beschwerden nimmt ___ (Person/ Stelle) ___ entgegen, sie werden bearbeitet von: __ (Person/ Stelle) __
Erreichbarkeit der Beschwerdestelle:     Telefon/ Fax, Mail, Formular
Beschwerden werden in dem Beschwerdedokument festgehalten und ____ (Stelle/ Ort) ____ aufbewahrt.
Veränderungen/ Umsetzungen, die sich aus Beschwerden ergeben werden _______________________ festgehalten.

 

Im Falle einer Vermutung von Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist es wichtig, kollegial und nicht allein zu handeln. Ein Notfallplan beschreibt die Verfahrenswege vor Ort, benennt konkrete Ansprechpersonen und Verantwortliche und beschreibt ihre Erreichbarkeit.

Notfallpläne sind allen Mitarbeitenden in ausreichender Form bekannt zu machen.

Der Notfallplan in einem Verdachtsfall läuft gemäß der Durchführungsverordnung nach einem Interventionsleitfaden:

Wir handeln immer nach folgenden Grundsätzen:

  • Im Sinne der verletzten Person, zu ihrem Schutz – Beschuldigtenkonfrontation ist nicht Schutzaufgabe!
  • Dennoch unvoreingenommen und nicht parteiisch!
  • In keinem Fall allein – kein Aktionismus!
  • Gemeinsam mit der zuständigen Leitungsposition, einer insofern erfahrenen Fachkraft oder der Meldeperson.
  • Nur dann direkt eingreifend, wenn Gefahr im Verzug ist.
  • Mit schriftlicher Dokumentation (Verdachtstagebuch), in dem die Situation dezidiert und kleinteilig aufgezeichnet ist.
  • Mit Zuhilfenahme einer Vertrauensperson aus dem Team oder der Leitung (im Falle eines Irrtums ist die Rehabilitation einer Person bei zu vielen Involvierten schwer möglich).

Zwischen den Formen sexualisierter Gewalt wird unterschieden:

  • Grenzverletzungen werden unabsichtlich verübt und resultieren aus fachlichen bzw. persönlichen Unzulänglichkeiten oder einer „Kultur der Grenzverletzungen“
  • Übergriffe sind Ausdruck eines unzureichenden Respekts gegenüber jungen Menschen, grundlegender fachlicher Mängel und/oder einer gezielten Desensibilisierung im Rahmen der Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs/ eines Machtmissbrauchs
  • Strafrechtlich relevante Form sexualisierter Gewalt sind „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ (gem. §§ 174 ff. StGB) z.B. sexueller Missbrauch, Erpressung/(sexuelle) Nötigung.

Dazu bedarf es der Einrichtung eines Krisenteams und die verbindliche Beschreibung seiner Zusammensetzung. Unbedingt sollten in dem Krisenteam Personen sein, die verschiedene Perspektiven und Rollen (insbesondere eine Vertretung des Rechtsträgers) einnehmen und sie sollten schon VOR der Krise arbeitsfähig sein. Im Krisenteam ist zu klären, wer für den Kontakt zuständig ist und wann dieser erfolgt.

Grundsätzlich gilt:

  • Ruhe bewahren
  • Dokumentation der verschiedenen Schritte sicherstellen
  • Befangenheiten beachten
  • Kinderschutz ist von Anfang an mitzudenken

Im Falle der Vermutung bzw. des Vorwurfs sexueller Übergriffe (strafrechtlich relevant) sind viele verschiedene Personengruppen involviert oder betroffen (Beschuldigte*r, berufliche oder ehrenamtliche Mitarbeiter*innen, Betroffene etc.). Es ist also wichtig zu unterscheiden und in den Handlungsplänen im Bereich der zuständigen Mitarbeiter*innen Rollen zu klären und zu definieren. Auch kann seelsorgerische Begleitung unter Wahrung der Rollenklarheit hilfreich sein.

Die Kommunikations-, Handlungs- bzw. Interventionspläne des Trägers müssen die Personengruppen berücksichtigen und verbindliche Vorgaben enthalten. Zudem sind juristische Regelungen und mögliche Konsequenzen zu beachten. Juristisch gesehen bestehen Aussagepflichten, Schweigepflichten aber auch Anzeigepflichten.

Grundsätzlich ist es immer einfacher, Konsequenzen umzusetzen, wenn vorher eindeutige, möglichst konkrete Vereinbarungen getroffen wurden (z.B. unterschriebene Selbstverpflichtung, Verhaltenskodex). Unangemessenes Verhalten, Verstöße gegen die Regeln in diesen Vereinbarungen sind dann die Grundlage für die Konsequenzen. Bei beruflichen Mitarbeiter*innen bestehen arbeitsrechtliche Möglichkeiten. In jedem Fall ist ein Erstgespräch erforderlich. Insbesondere bei Ehrenamtlichen kann nach einer einvernehmlichen vorrübergehenden Lösung gesucht werden (z. B. Beurlaubung), um Zeit zu gewinnen. Erhärtet sich die Vermutung sexualisier Gewalt nicht, sind die betroffenen Mitarbeiter*innen zu rehabilitieren.

Die sofortige schriftliche Dokumentation bei einer Vermutung von sexualisierter Gewalt gegen Schutzbefohlene ist unbedingt notwendig. Fakten, Beobachtungen, eigene Gefühle sind nach einiger Zeit nicht mehr so exakt präsent, wie unmittelbar nach einem Vorfall.

Zu dokumentieren ist auch die Situation des Gesprächs. Die Aussagen von Kindern und Jugendlichen sind möglichst wörtlich aufzuschreiben. Die Dokumentationen müssen fortgesetzt werden, wenn neue Informationen verfügbar sind oder Schritte zur Bearbeitung eingeleitet wurden. Der Grundsatz der Vertraulichkeit ist bei allen Gesprächen und Dokumentationen zu beachten. Aufzeichnungen sollen gut lesbar und nicht mit Bleistift oder löschbarem Stift geschrieben sein. Auf jeder Seite sollte der Name des Verfassenden, Datum, Ort, Uhrzeit stehen, die Seiten sollten nummeriert sein.

Dokumentationen müssen für Dritte unzugänglich aufbewahrt werden. Diesbezügliche Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen, insofern sich Verdachtsmomente als falsch herausstellen. Bei der Dokumentation müssen objektive Fakten von subjektiven Eindrücken, Interpretationen, Reflexionen erkennbar getrennt werden. Die Sach- und Reflexionsdokumentation soll getrennt voneinander an einem sicheren Ort aufbewahrt werden.

Musterkonzept:
Jede Meldung wird von ______ (Person/ Stelle) __________ ernst genommen und Datenschutzkonform (nach DSGVO) zum Zweck der Nachvollziehbarkeit/ Analyse dokumentiert.

 

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